Notiz_30



avere e
avere sbagliato
non fanno di me
un uomo sbagliato
ma fanno di me un uomo
se avere è sbagliato
essere non è
da meno
essere
non è
da
 me

Wir laufen durch unfertige Gebäude, weiße Wände entlang, unter offenen Dächern. Wir schauen uns um und sehen unsere weiträumigen Gedanken. Darin versunken geht Vera, und sie merkt nicht, dass ihre Finger sich strecken und die Wand berühren. Wo die Berührung stattfindet, erscheinen blaue Flecken, die sich verbreiten, rot werden, gelb, grün, lila, je nach der Farbe des Gedanken, den Vera erfasst oder von dem Vera erfasst wird. Dann krümmen sich die Finger, die Berührung hört auf, die Flecken verblassen, die Wände werden weiß erst, dann verschwinden sie allmählich, die Gebäude lösen sich im Weißen auf, Himmel und Erde werden unzertrennbar als die Horizontlinie verschwimmt. Eine weite, weiße Ebene, worauf in unregelmäßigen Abständen abgebrochene Säulen emporragen. Vera beginnt zu weinen und zu lachen zugleich. Rosen klettern an den Säulen entlang und blühen. Eine Sonne erscheint. Meine Haut brennt.
            So viel. Auf ein Mal.
Ich umarme sie. Ihre Tränen durchnässen meinen Oberteil, der durch die Sonnenstrahlen gleich wieder trocken wird. Sie hält sich an meinen Nacken, ich hebe sie hoch und laufe weiter durch die Säulen. Zum Einschlafen erzähle ich Vera eine Geschichte.
Schon mehrmals kam es vor, dass die Prinzessin sich verlor. Also war die Sache nicht allzu schlimm, im Gegenteil, die Prinzessin hatte an dem Tag ausgezeichnet geschlafen und sie verspürte überhaupt keinen Durst oder Hunger. Die Prinzessin befand sich in einem Wald, wobei der Wald nicht allzu dicht war, zwischen den Bäumen konnte man das Meer sehen. Die Prinzessin lief bis zum Strand, was ungefähr zwei Minuten dauerte. Für die nächsten zwei Minuten beobachtete die Prinzessin das Meer. Dann lief sie den Strand entlang, bis sie zwei Minuten später zu einem Berg kam. Sie begann, den Berg zu besteigen, und innerhalb von zwei Minuten erreichte sie die Spitze. Dort ruhte sie sich aus zwei Minuten lang. Nun war die Prinzessin seit zehn Minuten verloren, sie verspürte immer noch keinen Hunger oder Durst, müde war sie immer noch nicht. Die Prinzessin dachte nach: Aus zehn Minuten werden häufig zehn Tage, aus zehn Tage ist es einfach, zehn Jahre zu machen; Daraus erschließt sich, dass die Zeit häufig einfach weiter geht; Aus sieben Tagen werden wieder knappe drei Jahre; Demnach bilden sich Zeitabstände, die teilweise Lebensabstände bedeuten, das heißt, Lebensabschnitte; Bei Abschnitten muss man immer genau beachten, dass man richtig schneidet, denn ansonsten könnte jemand beleidigt sein, weil die Stücke zu klein oder zu groß sind oder man gar keinen Hunger hat, angenommen, es ist von Torten die Rede; Wenn es doch um das Leben geht, dann muss man bedenken, ob das Leben gut schmeckt oder nicht; Wenn das Leben nicht schmecken sollte, dann fehlt höchstwahrscheinlich irgendeine Zutat, und wenn es Sonntag ist, ist es schwierig, einen offenen Supermarkt zu finden; Demnach sollte man sich hinlegen und warten, denn oft was fehlt ist die Zeit; Wenn man aufwacht kann man von dem Leben noch etwas probieren, wenn es immer noch nicht schmeckt, dann kann man einfach einkaufen gehen, denn die Supermärkte sollten mittlerweile offen sein; Wenn man schon unten ist, kann man auch spazieren gehen, denn spazieren ist immer sehr schön; Falls man sich dabei verliert, ist es nicht allzu schlimm, denn häufig ist der nächste Berg nur zwei Minuten Fußweg entfernt; Vom Berg kann man dann den nächsten Supermarkt finden, wenn man Hunger hat; Alternativ kann man auch auf eine Wiese schlafen. So dachte die Prinzessin, bevor sie einschlief, und sie schlief lange und tief, so wie du jetzt schläfst.
Vera schläft. Ich laufe weiter, denn es wird nicht dunkel. Die Säule sind nun blühende Bäume, ich sitze an einem Tisch im Hauptgebäude der Universität, Veras Kopf ruht auf meinem Schoß. Ich streichele ihre schmutzigblonden Haaren, küsse sie. Zu sein ist nicht meins.