- SZ - Korrektur zu Alles Oké
Tut mir leid wegen Gestern. Irgendwann
Wurde ich
einfach zu betrunken. Sogar
Das Verb habe ich in einem Satz
vergessen.
Das ist nun korrigiert. Was der Text
angeht,
Er ist schlecht. Nicht meine beste
Arbeit.
Das sage ich erstaunlich oft in
letzter Zeit.
Naja. Nicht darüber wollte ich
sprechen.
Im Wartezimmer des Zahnarztes
Habe ich den SPIEGEL durchgeblättert
und
Einen kurzen Artikel von Jan
Fleischhauer über
Greta Thunbergs Schülerstreik
gefunden.
Ungenauigkeiten und Verständnisfehler
beiseite
(Greta ist nicht wegen der Klimakrise
depressiv
Geworden und von Stockholm nach Davos
Sind hin und zurück fünfundsechzig
Stunden
Zugfahrt, nicht fünfundzwanzig), es
ist
Eindeutig, dass der Autor sich
erstaunlich wenig
Mit dem Thema beschäftigt hat, sonst
wäre er
Irgendwann auf den mehrmals
wiederholten
Satz von Greta gestoßen: WHY SHOULD I
BE STUDYING FOR A FUTURE THAT SOON
MAY BE NO MORE WHEN NO ONE IS DOING
ANYTHING TO SAVE THAT FUTURE AND
WHAT IS THE POINT OF LEARNING FACTS
WHEN THE MOST IMPORTANT FACTS
CLEARLY MEAN NOTHING TO OUR SOCIETY
(Der erste Teil des Satzes ist
übrigens auch
Auf die Homepage von FRIDAYS FOR
FUTURE,
Die Webseite, womit die Schüler den
Streik
Weltweit organisieren, nicht gerade
versteckt also)
Ich sehe vor mir das zufriedene
Halblächeln
Des SPIEGEL-Journalisten in seinem
Sessel
Oder Lederbürostuhl am schweren
Arbeitstisch
Und mir ist übel. Nun gut, ich bin
auch ziemlich
Verkatert. Aber das tut nichts zur
Sache.
Ich möchte etwas sagen zu diesem
bürgerlichen
Halblächeln, mit der absoluten
Sicherheit, dass
Der Autor mich niemals lesen wird.
Dennoch
Muss ich es sagen. Lieber Herr
Fleischhauer,
Gestatten Sie, dass ich Sie aus
Stilgründen Duze.
Du bist das Problem. Du bist der
Grund, warum
Schüler sich vor den
Regierungsgebäuden treffen
Freitags und nicht zur Schule gehen.
Du bist der Grund.
Du bist
gefährlicher, als diejenigen, die Greta
In den letzten Tagen und Monaten in
Kommentaren
Beschimpft haben, diejenigen, die sie
hassen,
Weil sie recht hat und das können sie
nicht zugeben.
Du bist gefährlicher, denn du weißt,
dass sie recht hat.
Wahrscheinlich trennst du deinen Müll
und kaufst
Sogar Bio, du überweist im Monat eine
Kleinigkeit
Einer Klimaschutzorganisation und
hältst damit
Deinen Gewissen rein,
Schnellwaschgang sozusagen.
Du bist gefährlich, weil du dich
unschuldig fühlst.
Du bist aber nicht unschuldig. Sonst
würdest du
Nicht auf deinem Bürostuhl sitzen freitags,
sondern
Auf den Treppen vor der
Landesregierung in München,
Du wohnst doch dort, habe ich
gelesen. Dort habe ich
Auch lange gewohnt. Dort ist es
einfach, sich unschuldig
Zu fühlen, wenn man das Geld dafür
hat. Wenn nicht,
Hat die Stadt eine besonders
gnadenlose Art und Weise
Dich am Magen zu packen und bei jeder
Straßenecke
Dir ins Ohr zu flüstern, dass du
nicht hierhin gehörst.
Aber das hast du wahrscheinlich nie
zu spüren bekommen.
Sonst würdest du nicht schreiben,
dass wenn du Gretas
Vater wärest, du zusehen würdest,
dass sie in der Schule bleibt.
Du bist der Grund, warum Greta nicht
zur Schule geht freitags.
Du, deine Unschuld, deine Stille vor
der Katastrophe die
Du verursacht hast als du dein
drittes Auto gekauft und
Dein dreißigster Flug gebucht hast.
Du und deine Feigheit.
Du und die Feigheit aller Anderen,
die behaupten,
Es sei alles nicht so einfach. Doch.
Es ist einfach.
Wirklich einfach. Du bist frei, dein
sechzigster Flug
Zu buchen und dein siebtes Auto ohne
Tempolimit
Über Deutschlands Autobahnen zu
fahren und ich hoffe,
Dass dein Halblächeln dir noch lange
erhalten bleibt,
Bis es auf deinem Gesicht erstarrt
wenn der steigende
Meeresspiegel dein Sommerhaus am
Strand auffrisst,
Das Haus, worauf du so lange gespart
hast, um es deinen
Kindern zu überlassen. Ich hoffe, die
Versicherung zahlt.
Deine Kinder werden Geld brauchen, um
sich Sauerstoff
Zu leisten, den Sauerstoff, den du
verbraucht hast,
Um diesen schamlosen Artikel zu
produzieren. Der Stolz,
Womit du deine Feigheit trägst, ist
mir unerträglich.
Deine Blindheit vor deiner eigene
Schuld grenzt
An Wahnsinn. Aber das nehme ich dir
nicht übel,
Es braucht jede Menge Wahnsinn, um
ruhig und gelassen
Artikel für den SPIEGEL zu schreiben,
während das Haus
Brennt. Das hat Greta gesagt, doch
vor ihr hat auch Brecht
Dieselbe Metapher benutzt. Magst du
Brecht. Verstanden
Hast du ihn jedenfalls nicht. So wie
du Greta Thunberg
Nicht verstehen kannst, weil du
unschuldig bist, eingesperrt
In deinem Münchener Garten Eden.
Neulich sah ich ein Haus. Es brannte. Am
Dache
Leckte die Flamme. Ich ging hinzu und
bemerkte
Da noch Menschen drin waren. Ich trat in die
Tür und rief ihnen
Zu, daß Feuer im Dach sei, sie also
auffordernd
Schnell hinauszugehen. Aber die Leute
Schienen nicht eilig. Einer fragte mich
Während ihm schon die Hitze die Braue
versengte
Wie es draußen denn sei, ob es auch nicht
regne
Ob nicht doch Wind ginge, ob da ein anderes
Haus sei
Und so noch einiges. Ohne zu antworten
Ging ich wieder hinaus. Diese, dachte ich
Müssen verbrennen, bevor sie zu fragen
aufhören. Wirklich, Freunde
Wem der Boden noch nicht so heiß ist, daß er
ihn lieber
Mit jedem andern vertauschte, als daß er da
bliebe, dem
Habe ich nichts zu sagen.
B.B.
Korrektur
zur Korrektur zu Alles Oké
Gestern ist ein weiterer Artikel von
Herrn Fleischhauer
Auf der SPIEGEL ONLINE Seite
erschienen. Deutlich
Recherchierter und genauer, daher
entschuldige ich mich
Für die UNGENAUIGKEITEN UND
VERSTÄNDNISFEHLER
Wahrscheinlich wurde die Kolumne für
die Print-Ausgabe
Auf die Schnelle vor
Redaktionsschluss erfasst. Der Autor
Wirft Greta und anderen Schülern
MORALISCHE ERPRESSUNG
Vor. Obgleich seine Analyse nicht
gänzlich falsch ist,
Entscheidet sich der Autor weiterhin nicht zu verstehen,
Dass die Zeit für ausgewogene und passiv-aggressiven,
Dass die Zeit für ausgewogene und passiv-aggressiven,
Besserwisserischen Analysen schon
längst vorbei ist.
Deshalb lasse ich meinen gestrigen
Text, geschrieben
Als ich den SPIEGEL ONLINE Artikel
noch nicht
Gelesen hatte, unverändert. Denn Herr
Fleischhauer
Ist im Text nicht als Privatperson
angesprochen, sondern
Als gesellschaftliche Rolle. Meine
Meinung bleibt die gleiche.
Jan Fleischhauers Kolumne auf SPIEGEL ONLINE